Lino Haefeli – Interview

lino-haefeli-interview-irregularskatemag-fabian-reichenbach-4
interview

LINO

HAEF—

ELI

Interview & Fotos
Fabian Reichenbach

lino-haefeli-interview-irregularskatemag-fabian-reichenbach-4
interview

LINO
HAEFELI

Interview & Fotos
Fabian Reichenbach

Lino Interview ist on! ——— Also…Yeah! ——— Dann fangen wir doch direkt mal an. Lino, was geht? Ich hab‘ gehört, du bist jetzt wieder am Arbeiten. ———  Viel, ja. ——— Was machst du gerade? ——— Ich arbeite jetzt als Postbote, Alter. ———  Also immer am Rumcruisen mit den geilen Karren und Paketchen verteilen. ——— Ja, voll geil. ——— Macht dir das Spaß? ——— Macht richtig Spaß, ja, außer, dass ich grade echt viel arbeite. Aber ist geil, gibt Cash. ——— Ja, das ist die Hauptsache. Wie lange machst du das jetzt schon? ——— Eineinhalb Monate. ——— Ah ja, easy, dann bist du ja ganz neu. ——— Ja, schon. Also ich wurde so zweieinhalb, drei Wochen eingearbeitet. ——— Musstest du dann quasi immer mit jemand anderem auf Touren? ——— Ja, genau. Also einer hat mich auf die Tour mitgenommen, damit ich zuerst die Strecke kennenlerne. Und dann als ich die Tour auswendig konnte, habe ich selber begonnen, diese abzufahren. Das waren so drei Tage nachdem er gesehen hat, dass ich das kann. Danach hat er mich alleine auf die Tour geschickt. Das war jetzt die dritte Woche. ——— Du hast dementsprechend immer dieselbe Tour? ——— Ich habe eigentlich immer dieselbe Tour, weil es einfach am effizientesten ist, wenn du alle Häuser genau kennst. Dann bist du halt einfach schneller. Das Ding ist, ich musste jetzt in den letzten zwei Wochen zum Teil noch andere Touren übernehmen., weil viele im Urlaub waren und einer immer noch krank. Was mich total abgefickt hat, weil ich deren Touren nicht kenne. Ich weiß nicht, wie ich die Straßen abfahren soll. Dadurch hab‘ ich sehr viel Zeit verloren und so zehn bis zwölf Stunden am Tag gearbeitet und das seit eineinhalb, zwei Wochen. Das fickt dich dann schon ab. Aber ja, ich bin im Moment temporär angestellt. Daher ist es eigentlich auch cool, weil ich richtig viel Kohle mache. ——Also dann ist es quasi zeitlich begrenzt? Das heißt, du bist nicht Festangestellter, sondern es geht nur ein halbes Jahr oder ein Jahr? ——Ich bin mir jetzt nicht sicher, wie es bei mir jetzt im Vertrag steht, aber normalerweise ist das in der Schweiz so: Wenn du temporär angestellt und im selben Betrieb länger als, ich glaube, drei Monate bist, dann übernehmen sie dich fest, also geben sie dir eine Festanstellung oder, ja, du wirst halt gekündigt. Aber sieht eigentlich schon so aus, als würden sie mich dann fest übernehmen wollen. Das wäre eigentlich schon das Ziel, weil ich mir vorstellen kann, das so ein, zwei Jahre zu machen, um in der Zeit gut Cash sparen zu können, weil ich noch in einer WG wohne. Gut Cash auf die Seite legen, dann überlegen, was ich längerfristig machen will, eventuell eine Weiterbildung oder was auch immer. ——Willst du danach auch auf Reisen gehen oder hast du vor, dir mit dem angesparten Geld ein Auto zu kaufen? Du musstest jetzt ja für den Job auch einen Führerschein machen. Wenn ja, was stellst du dir für ein Auto vor? Was fährt man denn in der Schweiz so? Jaguar, Maserati, Ferrari, was willst du für einen? Haha ——Ganz ehrlich, in der Schweiz ist es nicht so schwer, an solche Autos zu kommen. Aber nein, das ist überhaupt nicht mein Plan. Man kann ja auf der Autobahn nur 120km/h fahren und mit so einer Karre bringt das nichts. Kannst halt nicht die Sau rauslassen. Haha…

Auch beim Skaten selbst oder an der Art, wie ich skate, habe ich bemerkt, dass einfach vieles erzwungen ist und vielleicht manchmal gar nicht das, was ich selber mag.

lino-haefeli-interview-irregularskatemag-fabian-reichenbach-9

Ollie

Dann stellst du dir eher was Praktischeres vor? ——Das Ding ist, dass du in der Schweiz außer für irgendwelche Jobs eigentlich keinen PKW brauchst. Der öffentliche Personennahverkehr und das Netz sind so gut ausgebaut, dass man überall hinkommt. Deswegen möchte ich mir einen Kastenwagen kaufen. Eigentlich so einen, mit dem ich gerade unterwegs bin. ——So einen wie die Cops? ——Ja, genau, mit Gittern rundherum und allem. Haha… ——…und den dann auch schön ausbauen mit Bett und Küche? ——Genau, das wäre eigentlich das Ziel. Es ist witzig, das ist so ein 08/15-Traum, den jeder Dritte so verwirklichen will. Aber keine Ahnung, ist auch einfach geil! Dann hast du ein, zwei Wochen Urlaub, steigst einfach in deine Karre und fährst los, scheiß egal, in welche Richtung. Das ist schon richtig geil. Diese Vorstellung flasht mich zu hart und auch der ganze Umbau, dieses Selberwerken. ——Das willst du alles selber machen? ——Ja, auf jeden Fall. Das stelle ich mir richtig geil vor. ——Naja, jetzt grade in der Corona Zeit ist es ja so, dass eben auch viele Hotels und Airbnbs nicht so zugänglich sind und eher auf Sparflamme laufen. Dann ist das, glaube ich, schon eine ziemlich gute Möglichkeit, dir deine Ferien so unabhängig und gut wie möglich gestalten zu können. ——Voll! Ich meine, auch wenn das dann irgendwann mal vorbei ist und viele Hotels oder eben auch Airbnbs wieder laufen, will man vielleicht mal für ein paar Tage in eine Wohnung und ein größeres Bett. ——…oder mal eine gescheite Dusche. ——Oder mal eine gescheite Dusche. Wobei, es gibt schon viele Orte, an denen man sich hygienetechnisch einfach reinigen kann: Ein See oder ein Fluss. Das ist mir scheiß egal, solange ich nicht stinke wie der Hinterletzte, ist mir das völlig Wurst. ——Das hört sich auf jeden Fall nach einem guten Plan an. Beim letzten Mal, als ich in der Schweiz war, war ja der Mood nicht so sonderlich geil. Woran lag das? Du hattest Stress mit deiner damaligen Freundin und warst deshalb auch nicht so im Skate-Mood und hattest generell nicht so viel Motivation. Richtig?! Wie ist es mittlerweile? Wie fühlst du dich jetzt? ——Als du das letzte Mal hier warst, waren wir frisch getrennt. Und ich muss schon sagen, ich hatte mit der Lady eigentlich die schönsten Jahre. Es war eine sehr intensive Beziehung und natürlich gab es, wie in jeder Beziehung, Ups and Downs. Meiner Meinung nach waren die Ups so schön, dass die die Trennung richtig schwer war. Dadurch habe ich so ein bisschen die Motivation für verschiedene Sachen verloren. Wie soll ich es sagen? Klar, es ist nicht nur wegen der Trennung. Ich habe mir einfach, unter anderem auch wegen dieser Trennung, viele Gedanken zu vielen Sachen gemacht und sowohl mich als auch die ganze Skateszene ein bisschen genauer unter die Lupe genommen, reflektiert und darüber nachgedacht. Und ja, es ist auch jetzt nicht mehr das Gleiche. Die letzten Jahre war ich so motiviert fürs Skaten, Filmen und dafür, bei dieser ganzen Industrie mitzumachen. Eben durch dieses Analysieren und Reflektieren hat sich einfach meine Einstellung zu dem Ganzen ein bisschen geändert. ——Also hat Skateboarding bei dir keine Priorität mehr? ——Auf keinen Fall! Wenn ich ehrlich bin, gibt es im Moment für mich fünf Sachen, die ich lieber machen würde als skaten, wenn ich Feierabend habe. ——Als ich beim letzten Mal da war, hattest du dir ja auch ganz frisch ein – was war das – ein Klavier, ein Piano gekauft. Richtig?! Da hast du dich jetzt auch gefunden. Also ist Musik im Endeffekt für dich auch zu einem größeren Bestandteil deines Lebens geworden, oder?

Es ist witzig, das ist so ein 0815-Traum, den jeder Dritte so verwirklichen will

lino-haefeli-interview-irregularskatemag-fabian-reichenbach-8

Kickflip fs Crooks

lino-haefeli-interview-irregularskatemag-fabian-reichenbach-6

fs Feeble

Im Moment sogar mehr als Skaten. Ich mache Musik schon seit ich 16 bin. Ich habe angefangen mit Hip-Hop Beats und MPCs. Dann bin ich immer mehr auf den Geschmack von Pianos gekommen, weil ich einfach dieses ganze Gesample mit den MPCs und ein bisschen auf den Tasten Rumhauen gelangweilt hat. Es ist auch nicht dasselbe, wie ein Instrument zu beherrschen und damit wirklich seine eigene Musik zu produzieren oder einfach zu spielen, was man im Kopf hat. Das gibt mir im Moment mit Abstand am meisten. Und das ist eben eine der Sachen, die ich nach Feierabend am liebsten mache. Dann setze ich mich viel lieber ans Klavier, als skaten zu gehen. Es ist irgendwie schräg, weil die letzten 12 Jahre oder 13 Jahre, in denen ich wirklich sehr, sehr viel und intensiv geskatet bin, einfach weg sind. Diese Motivation und dieser Wille, irgendwie auch was Neues zu lernen und da zu skaten, da zu filmen, da was zu machen. ——Hat das bei dir in den letzten paar Jahren abgenommen? ——Hauptsächlich im letzten Jahr und seit Anfang dieser ganzen Corona-Krise noch um einiges mehr. Mittlerweile gehe ich einmal in der Woche skaten. Vor allem die Monday Sessions im Park mit den Homies finde ich richtig cool; Einfach mit den Leuten zusammen sein und ein bisschen Spaß haben. Aber ich kann mich schlecht oder einfach nicht mehr wie zuvor motivieren, für einen Part oder Ähnliches zu arbeiten. ——So viel Energie und Freude rein zu stecken? ——Ja, ich habe ein bisschen verlernt, Freude am Skaten zu haben. Oft konnte ich mich irgendwie motivieren, skaten zu gehen, wenn eine Kamera dabei war. Das ist mir aufgefallen. Wo ich einfach sagen muss: Alter, das geht gar nicht. ——Weil du es nicht für dich machst, sondern für die Kamera? ——Ganz genau. Und das kann nicht sein. Es kann nicht sein, dass ich keinen Bock auf Skaten habe, wenn keine Kamera da ist, oder?! Und wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, dann hat sich das vor allem in den letzten zwei Jahren schleichend entwickelt. Das alles hat mich schon ziemlich abgefickt, als ich das gecheckt habe. ——Du hast hier ja mit Skipi einen guten Filmer und eine treibende Kraft, die immer am Start ist mit einer Kamera. Das ist dann auch so ein schleichender Prozess, dass bei jeder Session eine Kamera dabei ist. Dadurch wird es eben irgendwann ernster und es ist die Rede ist von einem Part oder einem Full Length, wodurch es zu Deadlines und einem gewissen Druck kommt. ——Ganz genau, das ist es. Es ist der Druck, den ich mir selbst gemacht habe. Das soll jetzt keine Anschuldigung an Skipi sein, aber einfach: „Ja komm, wir müssen noch was getten für das Video“. Und das ist eben genau dieser Druck. Da hab keinen Bock mehr drauf, weil es mich schon ein Stück weit auch fertig gemacht hat. Auch beim Skaten selbst oder an der Art, wie ich skate, habe ich bemerkt, dass einfach vieles erzwungen ist und vielleicht manchmal gar nicht das, was ich selber mag. Dieses „einfach was getten“, Hauptsache, es ist was im Kasten, bei dem du selbst vielleicht gar nicht so dahinter stehen kannst. ——Und das Gefühl hast du beispielsweise bei der Musik nicht, richtig?! ——Wenn du in jungen Jahren – so bis 14 – was anfängst zu lernen, was dir richtig Spaß macht und das dann auch richtig intensiv macht, dann rutschst du in eine Szene rein und merkst: Oh yeah, ich finde das geil, ich will das mitmachen. Es ist etwas anderes, als wenn du mit 25 beginnst, etwas Neues zu lernen. Da ist von Anfang an klar ist, dass du da nicht mehr viel erreichen wirst. ——Weil du ganz genau weißt, wie diverse Karrieren enden oder verlaufen können? ——Man lernt es halt einfach auch nicht mehr so schnell. Und wenn einem das bewusst ist, dann geht man ganz anders an die Sache ran. Ich spiele nicht gut Klavier, aber es macht einfach so viel Spaß. Ich will damit auch nirgends hin. Ich mache es einfach, weil es mir so viel Spaß macht. Das ist schon ein Unterschied, ob man, wie gesagt, was in jungen Jahren lernt und einen Traum hat, welchen man verwirklichen will oder wirklich einfach in späteren Jahren noch etwas nur für den Fun lernen will. Hauptsache, Spaß haben.

lino-haefeli-interview-irregularskatemag-fabian-reichenbach-13

fs Boardslide

Es ist ja auch im Endeffekt der Punkt im Skateboarding oder er sollte es zumindest sein, dass der Spaß immer an erster Stelle steht. ——Genau, sollte! Ich würde gerne wissen, wie viele es gibt, bei denen der Spaß noch an erster Stelle steht. Ich glaube, dass das bei vielen nicht der Fall ist, wenn sie ehrlich zu sich sind. Da geht es um weitaus mehr. Szenenintegrität, Anerkennung, Sponsoren, geil. Hier Contest, da Videopart auf der Plattform. Wobei das ja auch Spaß machen kann… ——…aber es ist halt trotzdem mit einem gewissen Druck verbunden. ——Ganz genau. ——Selbst mit Sponsoring. Du stehst immer unter Druck, dass du deinem Sponsor was abliefern musst. ——Genau. Und teilweise ist dieser Druck dann so hoch, dass es keinen Spaß mehr macht. Und ich habe einfach beschlossen, dass ich das nicht mehr mitmache. Ich gehe dann skaten, wenn ich Bock habe. Ich filme das, was mich selber flasht. Ich bin auch manchmal, ehrlich gesagt, nicht so geflasht von meinem Skaten. ——Na, da gibt es auf jeden Fall einige Leute, die das Gegenteil behaupten würden. ——Ich finde es sehr schön, wenn mir jemand gerne beim Skaten zuschaut. Das finde ich wirklich sehr, sehr cool und das gibt mir auch sehr viel. ——Du skatest ja nicht für die anderen, sondern für dich. ——Ganz genau. ——Aber es ist jetzt nicht so, dass wir von dir in Zukunft kein Skateboarding mehr sehen werden? Du wirst nicht das Board in die Ecke stellen und sagen: „So, das war‘s jetzt. Ich  hab‘ endgültig keinen Bock mehr.“ ——Seit wir uns das letzte Mal gesehen haben…wie lange ist das her? ——Zwei Monate? ——Zwei Monate. In dieser Zeit war ich viermal auf dem Brett. Und das war im Park. Und diese vier Male haben mir richtig Spaß gemacht, weil ich es einfach für mich gemacht hab und so geskatet bin, wie ich skaten will, weil es mir Spaß macht. Wir sind grade an einem Projekt für CG, also Colorgroup, dran. Die anderen sind alle sehr motiviert und sehr viel am Filmen. Bei mir ist es einfach so, „Boah, ich hab‘ schon auch was gefilmt“. Für mich passt das dann auch. ——Dann ist weniger also mehr? Was ja dann auch bei vielen geil ist. Man sieht von vielen Leuten immer so viel Output, was dann oft untergeht. Lieber weniger, dafür dann aber Quality. Jeder wird einem sagen: „Boah, Lino Häfeli Footy, geil, schon lange nichts mehr gesehen!“ Haha… ——Haha, ja, ich muss auch sagen, dass ich seit vier Monaten dasselbe Board habe. Es ist total abgefuckt, aber es fährt noch. Voll easy! Früher habe ich das Brett gewechselt, wenn da ein bisschen Pop weg war. Jetzt im Moment ist es so: Ey, es geht noch! Langsam stresst mich allerdings das Griptape. Das ist schon echt abgefuckt, aber scheiß egal. ——Um nochmal auf das Musikding zurückzukommen: Wäre es dann vielleicht nicht eine Idee, wenn du so musikaffin bist, die Musik für die CG Videos oder die Parts von Homies zu produzieren, um trotzdem noch im Skate-Kosmos zu bleiben? ——Das ist mir auch erst vor kurzem ein bisschen durch den Kopf gegangen, weil es im Moment wirklich viel Struggle mit Musikrechten gibt. Vielleicht werde ich irgendwas auf einer Plattform veröffentlichen und ein bisschen was verlangen, da es schon zeitaufwendig ist. Das Ding ist nur, dass ich sehr spezielle Musik mache und mir gut vorstellen kann, dass dann halt viele denken, dass die Musik nicht zum Skaten passt oder es sie nicht flasht. ——Aber es wird auf jeden Fall Leute geben, die es geil finden. ——Ja, vielleicht. ——Geschmäcker sind verschieden. Wenn du deine Musik selbst beschreibst, mit welchen Interpreten könntest du deinen Style ungefähr in Verbindung bringen? Wie kann man sich das vorstellen, wenn man noch nichts von dir gehört hat? ——Das ist eine schwierige Frage, ich mache eigentlich alles. Im Moment produziere ich, zum Beispiel, viel elektronische Musik. Ich weiß nicht mal, in welches Genre man das einordnen kann, ob man jetzt Deephouse Techno dazu sagen würde. Das Lustige ist, dass ich keine Ahnung von all diesen Genres habe, die es mittlerweile gibt. Da finde ich es einfacher, zu sagen, dass ich elektronische Musik mache, zu der man irgendwie tanzen kann. ——Naja, aber es gibt ja auch etliche Skate Parts mit elektronischer Musik. ——Ja, das ich finde das sogar richtig sick. ——So richtig mit Techno-Geballer. ——Das flasht mich richtig weg. Ja, wie gesagt, ich kann es gar nicht mit anderer Musik vergleichen. An einem Abend setze ich mich hin und mache einen Hip-Hop Beat. Am nächsten Abend mache ich was Elektronisches. Manchmal spiele ich einfach bisschen Jazz-Chords für mich. Deswegen kann ich es mit nichts so richtig vergleichen, weil es ein bisschen von allem ist. Ich habe mich auch sehr geöffnet, was Musikhören betrifft. Früher war ich so ein richtiger Hip-Hop-Nazi, so ein Boombap-Nazi, also Hip-Hop über alles. Und das ist mittlerweile völlig crazy. Auch am Anfang, als Trap aufgekommen ist, fand ich, dass das gar nicht geht. Und mittlerweile finde ich einen geilen Trap-Beat richtig sick. Klar, wenn dann die Lyrics Müll sind, denke ich: Was laberst du da?! Aber mittlerweile höre ich alles irgendwie ein bisschen. Viel Jazz, viel Techno, aber schon auch noch Hip-Hop und Trap.

Ich muss auch sagen, dass ich seit vier Monaten dasselbe Board habe. Es ist total abgefuckt, aber es fährt noch

lino-haefeli-interview-irregularskatemag-fabian-reichenbach-10

bs Heelflip

lino-haefeli-interview-irregularskatemag-fabian-reichenbach-11

fs Lipslide

Also dann kann man deine musikalischen Einflüsse gar nicht so richtig definieren, weil du, wie gesagt, Einflüsse aus vielen Genres hast. ——Ganz genau, weil ich mich dem auch so geöffnet habe, glaube ich. Es gibt auch richtig geile Poptracks. Ich sitze in meiner Karre, verteile Pakete, höre Radio und da kommt ein eigentlich richtig schlechter Pop-Track, aber ich finde ihn trotzdem geil. Und seitdem ich mich so geöffnet habe, macht es Spaß, zu verschiedenen Moods einfach verschiedenen Sound zu hören, anstatt die ganze Zeit irgendwelchen Boombap-Hip-Hop zu hören. Manchmal habe ich Bock auf chilligen Jazz, manchmal habe ich Bock auf richtig asozialen Trap. Ich höre was und lasse einfach meinen Kopf und meinen Körper entscheiden, ob ich das mag oder nicht und schließe nicht kategorisch etwas aus, weil das von dem oder dem Interpreten ist. Nein, entweder tönt es geil oder eben nicht, so. ——Dann bist du nicht voreingenommen, von wegen, das ist jetzt Kanye West, das ist durch die Bank scheiße. Sondern vielleicht hat der auch geile Beats. ——Das ist witzig. Kanye West ist ja persönlich ein verdammter Vollidiot mit Napoleon Syndrom. Aber musikalisch geht er auf jeden Fall. Er hat richtig gute Alben und Tracks. Er ist halt einfach größenwahnsinnig und nicht mehr ganz klar im Kopf. Trotzdem macht er teilweise gute Musik. Ich finde einfach – und das würde ich vielen raten – öffnet euch, das ist geil! ——Favorite MF DOOM Track? ——Woah, Fancy Clown, auf jeden Fall. Bester Track, nur leider ist er zu kurz.  ——  MF DOOM oder Danger DOOM? ——Schwierige Frage. Beides?! – Nein, ich glaube, MF DOOM. Was ich zu MF DOOM sagen muss, ist, dass ich den mal live gesehen habe und er so schlecht war. Er war richtig, richtig, richtig schlecht. Also wirklich, ich hab‘ noch nie so was Schlechtes live gesehen. Und das hat mich dann schon ein bisschen weggebracht von ihm. Wenn dann eher etwas, das auf seiner Welle ist, John Wayne zum Beispiel. Das ist ein König! ——MPC oder Piano? ——Piano, auf jeden Fall.  ——Weil du mehr Möglichkeiten hast, dich künstlerisch auszuleben? ——Auf jeden Fall. Mit einer MPC brauchst du, meiner Erfahrung nach, immer was Gesampeltes. Es kann auch was Gesampeltes von dir selber sein, aber ich habe solange von Platten gesampelt, da bist du halt richtig eingeschränkt, weil du nur deine 16 Knöpfe mit den Samples drauf hast. Die Samples können supergeil sein, aber wenn du auf einen Knopf drückst, dann läuft immer dasselbe Sample. Wenn ich an einem Piano sitze, dann kann ich, so gut wie ich das im Moment kann, selbst finden, wo ich hinwill und das kann man mit Samples nicht. ——Weißt du, wie viele Tasten ein Piano hat?  ——Ja, klar. 88, warum? ——Echt?! ——Ja, klar. ——Das wusste ich nicht. ——Es kommt drauf an. Synthesizer haben 64 Tasten. Es gibt einfach größere und kleinere Versionen. Aber ein richtiges Klavier hat 88 Tasten. Synthesizer sind aber das fucking Geilste ever. Irgendwelche abgefreakten elektronischen Synthesizer-Töne sind einfach das Geilste. Da spiel ich zwei bis vier Akkorde und kann das eine Stunde machen – voll weg geflasht.

So etwas zu haben ist sehr, sehr wichtig, weil man ja auch nicht immer jeden Tag skaten gehen kann.

lino-haefeli-interview-irregularskatemag-fabian-reichenbach-12

Ollie

Ja, ich merk‘ schon, dass dir das richtig Spaß macht!  ——Ich hab‘ eigentlich nur so einen ziemlich billigen Synthesizer. Ich glaube, dass jemand, der sich damit auskennt und schon länger Musik macht, mich jetzt richtig auslachen würde. Ich habe nämlich ein Yamaha MX49. Das kann man nicht mal wirklich als Synthesizer bezeichnen, weil es einfach irgendwie so ein Anfänger- oder Kinderding ist. ——Aber wenn es funktioniert…  ——Ja, es funktioniert auf jeden Fall. Aber seit ich diesen habe, interessiere ich mich immer mehr für Synthesizer. Mittlerweile habe ich einen Synthesizer gefunden, den ich haben muss. Der ist allerdings ziemlich teuer, aber wenn ich den habe, siehst du mich nicht mehr. Haha… ——Vielleicht können wir ja hier im Interview ein Crowdfunding für den Synthesizer starten?! ——Fuck, haha. ——„Crowdfunding: Lino braucht einen neuen Synthesizer“. Dann kommt kein Part mehr. ——Ja dann, woah, dann wird es echt schwierig! Nein, Spaß. Aber ja, das ist so ein Überteil.  ——Glaubst du, dass du vielleicht irgendwann auch wieder mehr Motivation haben wirst, skaten zu gehen, wenn es die Umstände zulassen? ——Auf jeden Fall kann ich mir das vorstellen. Ich weiß es halt nicht. Ich lasse mich einfach treiben und nehme alles an, wie es kommt.  ——Und da wären wir wieder am vorigen Punkt: Kein Druck. ——Ganz genau. Darauf habe ich keinen Bock mehr. Irgendwas wollte ich noch sagen… ——Wenn du noch irgendwas zu sagen hast, dann ist jetzt die richtige Chance. ——Ah, was halt auch noch so das Ding ist: Nach 13, 14 Jahren Skateboarding ist mein Körper gefickt. Ich spüre meine Bänder beim Arbeiten, ich spüre meine Knie beim Arbeiten. Ich bin 27 und das kann irgendwie nicht sein. Wenn ich am Klavier sitze, dann mache ich nichts kaputt. Auch wenn du mit 35 richtig fit bist, sagt dein Körper irgendwann mal: „Junge, jetzt ist vorbei.“ Bei der Musik ist es so, dass ich es bis zum Lebensende machen werde. ——Das ist schön zu hören! ——Das ist richtig geil. Das war auch schon so, als ich noch voll im Skaten drin war, aber auch bereits Musik gemacht habe. Ich war richtig froh, dass ich neben dem Skaten etwas habe, das ich weitermachen kann, wenn es dann irgendwann nicht mehr geht. ——So etwas zu haben ist sehr, sehr wichtig, weil man ja auch nicht immer jeden Tag skaten gehen kann. Wenn man sich beispielsweise verletzt, was ist dann? Was machst du dann in der Zeit? Irgendeine andere Beschäftigung auch als mentaler Ausgleich ist daher ziemlich wichtig. ——Auf jeden Fall. Es gibt dann viele, die sich vor die Xbox setzen und zocken, aber eigentlich ist es verdammte Zeitverschwendung, weil du nichts davon hast. Es gibt dir nichts. Du lernst nichts. Das ist einfach tote Zeit. Klar, Gaming ist spaßig, aber es ist halt wirklich tote Zeit. Aber das ist auch Ansichtssache. Für mich ist Musik das Beste und sie gibt mir so viel. ——Da hast du am Ende auch noch ein Produkt, was du dir selber immer und immer wieder anhören kannst. Du produzierst schließlich irgendwas, also es ist ja nicht nur für den Moment. ——Genau und du lernst auch noch was dabei. Ich mache beispielsweise grade so Fingertechnikübungen am Klavier. Wenn du das jeden Tag eine viertel oder halbe Stunde machst, bist du nach zwei Jahren gut und dann ist es drin. Du lernst die ganze Zeit! Wir wissen alle, dass es dir mehr gibt als alles andere, etwas zu lernen, was einen flasht, dir mehr gibt als alles andere – genauso wie Wissen. Erlerntes macht glücklich, Lernen macht glücklich. ——Das sind auf jeden Fall gute Schlussworte. Lino, ich danke dir! Wenn du noch etwas sagen willst, dann hau raus.  ——Ja, ich habe schon noch was zu sagen und zwar, dass ich Skateboarding und der Skateszene für diese schönen Jahre danken möchte.  ——Oh, das hört sich jetzt aber nach einem endgültigen Schlussstrich an. ——Nein, ist es nicht. Ich will einfach gesagt haben, dass ich für das Skaten und alle Menschen, die ich kennengelernt habe und das ganze Drumherum sehr, sehr dankbar bin. Es hat mir sehr viel gegeben. Es gibt mir nur im Moment nicht so viel, wie bisher. Aber das wollte ich einfach gesagt haben. Keine Ahnung, was in Zukunft passiert. Aber ich bin auf jeden Fall dankbar!

Ich filme das, was mich selber flasht. Ich bin auch manchmal, ehrlich gesagt, nicht so geflasht von meinem Skaten

lino-haefeli-interview-irregularskatemag-fabian-reichenbach-2
lino-haefeli-interview-irregularskatemag-fabian-reichenbach-14

LATEST

NEWS

FEATURED

STORIES

issue-50-website

IRREGULAR
SKATEBOARD
MAGAZINE ISSUE
No. 50

Here you can get an insight
into our current issue

read more
issue-50-website

IRREGULAR
SKATEBOARD
MAGAZINE ISSUE
No. 50

Here you can get an insight
into our current issue

read more

Imprint     Data Protection     AGB's

Data Protection |  AGB's   |  Imprint