SNBY Skateyard
SNBY SKATEYARD
Interview & Fotos — Robert Christ
SNBY
SKATEYARD
Interview & Fotos — Robert Christ
Der Ort Brüggen ist wohl den wenigsten von euch ein Begriff, es sei denn ihr mögt Spaziergänge in der Natur oder standet in den Neunzigern bereits auf eurem Board. Denn zu dieser Zeit war das Kikyo Center wohl einer der beliebtesten Indoor Parks in der Region und auch weit darüber hinaus. Auf den Contests haben sich so einige berühmte Namen getummelt und Skateboardbegeisterte in die kleine Gemeinde am Niederrhein gezogen. Leider hat die Halle Anfang der 2000er ihre Pforten dicht gemacht und eine Lücke hinterlassen. Gute Zwanzig Jahre später haben Patrick Wenz, Anke und Thomas Rütten nun diese Lücke gefüllt. Ganz ohne Förderung, stattdessen rein privat finanziert, haben sie mit der Hilfe von Yamato Living Ramps einen neuen Indoor Park auf die Beine gestellt, der schon beim Anblick der Fotos Bock macht auf mehr. Wir haben Patrick um ein Interview und erste Infos zum SNBY Skateyard gebeten.
Patrick Wenz – Bs Smith
Hey Patrick, erzähl uns doch mal,wie ihr auf die Idee gekommen seid eine Halle in Brüggen zu eröffnen?
Ich habe damals schon mit dem Ziel, zukünftig mehr mit Skateboarding zu arbeiten, angefangen zu studieren. Ziel war es meine Workshops ausbauen und mehr Nachwuchsförderung machen. Meine Geschäftspartnerin, die Anke, ist Hausfrau und Mutter und wollte wieder in das Arbeitsleben einsteigen, aber nicht mehr in ihrem bisherigen Beruf als Physiotherapeutin. Kennengelernt haben wir uns über den gemeinsamen Kindergarten unserer Kids und meine Skateworkshops. An denen haben unsere Kinder gerne teilgenommen und sind mittlerweile richtig skateboardbegeistert. Darüber hinaus hatten wir auch das Gefühl, dass die lokal und regional bestehenden Angebote durchaus cool, aber nicht ausreichend sind. So hat sich das dann entwickelt und aus einer Spinnerei ist dann irgendwie ziemlich schnell etwas ganz Konkretes geworden. Von der Idee bis zur (fast) fertigen Halle waren es dann plus/minus 12 Monate.
War es schwierig eine passende Location zu finden?
Jein… Mehr in meiner Vorstellung als in der Realität. Wir haben uns Gedanken über unsere Wunschskatehalle gemacht, viele andere Hallen angeschaut, verschiedene Parkdesigns und Obstacles recherchiert und darauf aufbauend ein Konzept erarbeitet. Parallel haben wir angefangen nach einer Location zu suchen. Abgesehen von den Anforderungen, die eine Skatehalle ohnehin schon zu erfüllen hat, wie unter Anderem Deckenhöhe und Bodenbeschaffenheit, war die Prämisse seitens meiner Geschäftspartner, dass die drei Kinder – 6, 8 und 13 Jahre – alleine von Zuhause zur Halle gehen können. An dem Punkt hatte ich mit dem Projekt abgeschlossen und gedacht: „Hey, war eine schöne Idee, aber wie sollen wir denn in Brüggen eine leere Halle finden, die alle Anforderungen erfüllt um einer Skatehalle gerecht zu werden und auch noch fußläufig erreichbar ist. Tja, aber wie es der „Zufall“ so will, gab es dann tatsächlich eine leerstehende Lagerhalle – am Rand vom Gewerbegebiet, mit 1a Boden, ausreichender Grundfläche, einer akzeptablen Miete und die Kids sind in 5 Minuten da.
Martin Schiffl – Fs Bluntslide
Bei so einem Hallenbau mit all dem Bürokratiekram und Auflagen wird man doch mit Sicherheit auch mal vor die ein oder andere Hürde gestellt. Lief der Prozess reibungslos?
Nein.. (Lachen), er verlief nicht reibungslos. Katastrophal ist es jetzt aber auch nicht gelaufen. Wir bekommen das, denke ich, schon alles hin. Aber wie man das halt so kennt, die bürokratischen Mühlen mahlen etwas langsamer. Wenn man das am eigenen Leib erfährt, während man sich eigentlich einen anderen Zeitplan zurecht gelegt hat oder anstrebt, dann ist das etwas ungünstig. Naja, ist halt so. Viele von den Sachen sind ja auch nur sinnvoll, wie zum Bespiel das Thema Brandschutz, Fluchtwege oder barrierefreie Toiletten. Das ist ja schon gut, dass man da Auflagen einhalten muss, einfach um Menschen zu schützen. Als ungünstig empfanden wir allerdings, dass Sachen vielleicht nicht so gesammelt auf einmal kamen, wie es für die Planung und Umsetzung effektiver gewesen wäre, sondern irgendwie alles häppchenweise und mit Verzögerung. Wir waren manchmal zu schnell fürs System (lacht).
Wie war es denn für dich an einem Parkdesign für euren „eigenen“ Skatepark zu arbeiten? Als kleines Skatekid und auch mit Sicherheit darüber hinaus, träumt man sich ja gerne mal seine Traumspots zusammen. Gab es Probleme bzw. Grenzen bei der Umsetzung?
Ich habe in der Vergangenheit in Viersen, in Brüggen und in Kaldenkirchen an der Neukonzeptionierung der Skateparks mitgearbeitet, aber da bin ich auch immer schnell an meine Grenzen gekommen was so Skateparklayout angeht. So ein, zwei Obstacles kann man bestimmt irgendwie in seiner Fantasie cool machen, aber daraus so ein stimmiges Gesamtkonzept zu entwickeln fand ich auf jeden Fall sehr, sehr schwierig. Dafür haben wir ja mit Jan Kliewer als Planer und dem Rest der Yamato Living Ramps Crew sehr erfahrene Partner an unserer Seite gehabt und dann gab es glücklicherweise noch euch, meine Freunde. Eure guten Ideen haben das Konzept in meinen Augen auf jeden Fall zusätzlich aufgewertet.
Was deine Frage angeht, muss man jetzt auf jeden Fall auch noch mal einen Schritt zurückgehen und bedenken, dass wir das Design unserer Halle ja nicht nur für mich ausgelegt haben. Es ist eine ganz bewusste Zielsetzung gewesen, alle Nutzergruppen damit abholen zu können, ob man jetzt gerade beginnt, schon länger und fortgeschritten skatet oder vielleicht schon was älter ist und nicht mehr so gut kann wie in früheren Tagen. Wir glauben für all diese Nutzergruppen gibt es auf jeden Fall Sachen in unserer Halle, mit denen sie sich beschäftigen können und wo sich sicherlich auch neue Herausforderungen finden lassen. Es ist schon ein ziemlich verspieltes und kreatives Layout und es gibt viel zu entdecken. Hauptsächlich ist es ja eher streetlastig, an Plazas oder generell an Großstadtarchitektur angelehnt. Es gibt aber auch ein bisschen Transition.
Natürlich gab es aber auch hier Grenzen bei der Umsetzung. Zum Beispiel die Fläche der Halle und die Platzierung der Säulen. Die Grundfläche ist mit über 700 m² jetzt nicht winzig, aber sie ist halt auch nicht riesengroß. Da war man dann schon etwas eingeschränkt, was die Höhe der Rampen angeht. Zu große Obstacles hätten die Halle noch enger werden lassen. An einem klassischen 2000er Jahre Parksetup mit großer Pyra in der Mitte und Rampen Drumherum hatten wir aber eh wenig Interesse.
Matthias Flentje – Bs Tailslide
Gerade durch die Größe der Obstacles, deren Anordnung und die vielfältige Nutzbarkeit hebt es den Park auch wieder von anderen hier in der Umgebung ab.
Vielfalt war uns auf jeden Fall wichtig. Eine Anlehnung an den urbanen Raum. Wir wollten Obstacles, die auf viele verschiedene Arten und Weisen benutzt werden können – sowas finde ich immer cool. Mir gefällt das wenn ein Park lange interessant ist und man sich immer wieder neue Wege suchen kann. Ja, wichtig war uns auch, dass wirklich viele verschiedene Rollsportgruppen den Park nutzen können. Es wird kein reiner Skatepark, sondern die Halle ist auf jeden Fall auch für andere Rollsportarten offen. Die haben wir sekundär Mitbedacht, sozusagen. Die anderen sollen da ja auch ihren Spaß haben können. Darum ist bspw. auch der gesamte Park barrierearm und rollstuhltauglich. Und ich würde mich riesig freuen, dort bald auch Menschen begrüßen zu dürfen, die zum Rollstuhlskaten kommen. Wichtig war uns auch, dass von denen, die gerade die ersten Rollversuche unternehmen bis zu denen, die das wirklich schon lange machen und gut können, jeder irgendwie seinen Spaß hat, sich weiterentwickeln und mit einem guten Gefühl heim gehen kann.
Nun steht das Ding fertig vor dir und die ersten Testsessions sind gefahren. Ist es so geworden wie du es dir vorgestellt hast?
Boah ja, es ist so cool geworden – auf jeden Fall! Also immer, wenn ich mir das Ganze nochmal bewusst mache, bekomme ich Gänsehaut. Kurz vor Eröffnung der Baustelle habe ich ein bisschen Bedenken bekommen, ob die fast quadratische Fläche klar geht. Ich habe mir dann mein Board geschnappt und habe probiert die Halle zu fahren als wären die Obstacles schon da. Nach ein, zwei Runden habe ich doch festgestellt, dass alles ganz schön nah beisammen stehen wird. Dann habe ich einfach nur gehofft, dass alles in die Halle reinpasst und es gut funktioniert. Glücklicherweise funktioniert das Konzept viel besser als erwartet. Die zwei Curbs um die Säulen sind ein bisschen flott hintereinander, aber da kann man sich auf jeden Fall auch noch dran gewöhnen. Es wurden gute Proportionen gewählt, beispielsweise das Verhältnis Stufen zu Ledgehöhe zu Ledgeneigungswinkel. Das ist nicht zu flach und das ist nicht zu steil. Es ist alles schon echt gut geworden, da sind wir sehr glücklich mit. Ich hab mir am Anfang schon ein bisschen Sorgen gemacht. Ich bin teilweise mit dem Zollstock in Skateparks rumgerannt und habe Sachen ausgemessen, einfach um mir bewusst zu werden, wie hoch denn das Flatrail ist, das ich gerne fahre. Welches Curb wird im Park als zu niedrig bemängelt, welches als zu hoch und so weiter. Die Wünsche und Anregungen, die wir im Vorfeld an Yamato weitergeleitet haben, haben die sich zu Herzen genommen und richtig gut in ein Gesamtkonzept überführt. Sowohl mit dem Prozess der Parkplanung, als auch mit der letztendlichen handwerklichen Umsetzung sind wir sehr zufrieden.
Wohin geht die Reise nun mit der Halle? Habt ihr schon Pläne?
Ja, wir haben auf jeden Fall viele Ideen und viel zu tun. Wenn alles gut läuft, dann eröffnen wir am 1. April 2023 mit einem schönen Fest. Wir werden ein paar Best-Trick-Sessions an verschiedenen Obstacles veranstalten und alle einladen, die Halle mal mit eigenen Augen sehen und mit dem eigenen Board fahren zu können. Das ist das Wochenende vor den Osterferien. In den Osterferien gibt es die ersten Workshops. Ansonsten wird es auf jeden Fall auch im ganz normalen Regelbetrieb Skate-Workshops geben und wöchentliche Angebote für Gruppen. Aber es gibt auch die Möglichkeit Privatsessions zu bekommen, so mit ein oder zwei Teilnehmern und einem Anleiter dabei. Dann haben wir überlegt, ob wir so Old Dog Workshops anbieten oder zumindest so exklusive Zeiten – für etwas betagtere Leute, die früher mal geskatet sind und wieder in Ruhe reinkommen wollen, oder Leute die skaten schon immer cool fanden und das jetzt endlich mal erlernen wollen. Ziel ist es, dass die einen geschützten Raum haben. Ich habe schon öfter mal beobachtet, Leute die zu weit unter dem Durchschnittslevel der anderen Nutzer einer Anlage liegen, haben teils sogar Hemmungen den Park zu nutzen. Sie wollen keinem in den Weg fahren, sie wollen sich nicht blamieren oder vielleicht ist es ihnen auch einfach zu voll, um sich zu konzentrieren. Da gibt es verschiedene Faktoren. Wenn man so Leute dann über so eine Session abholen kann und denen dadurch die Möglichkeit gibt, sich ohne viel Trouble mit dem Park vertraut zu machen und selbstsicher auf dem Board zu sein, dann werden diese Leute mit Sicherheit auch eher im Regelbetrieb ihren Platz finden und sich da eingliedern können. Nachwuchsförderung ist uns auch wichtig, sonntagmorgens von 10 – 12 oder so, wenn alle Skater noch in Seilen hängen, da kann man ja ruhig die Kinder mit dem Laufrad oder so Fahrzeugen reinlassen. Die haben grundsätzlich ja auch Bock so ein Angebot mal zu nutzen. Das wird ja nun mal auch die nächste Generation an Skatern und Rollsportbegeisterten. So im Alltag finde ich persönlich das auch oft schwierig, wenn ich da irgendwo zum Skatepark komme und da ist dann auf einmal der Kindergeburtstag unterwegs. Da denk ich auch: meine Güte, jetzt habe ich einmal die Woche einen freien Nachmittag, möchte hier in Ruhe ´ne Runde skaten und dann werden da Sandburgen gebaut und Bobbycar-Wettrennen veranstaltet. Die Kinder haben sicher Spaß, aber für die anderen Nutzer ist das oftmals nicht so cool. Im Rahmen so eines betreuten Angebots können die Kids sonntagmorgens in aller Ruhe erfahren wie ein Skatepark genutzt werden kann und welche Regeln dort gelten. Während sie beispielsweise mit ihrem Laufrad durch den Park flitzen, erlernen sie in einem geschützten Raum und unter Anleitung, dass Abwechseln und allgemeine Rücksichtnahme im Skatepark unverzichtbar sind.
Elias Rütten – Boardslide
Sieht denn dein Hallenarbeitsplan bei all dem Programm noch vor, dass weiterhin genügend Zeit sein wird für Streetmissions?
Ich arbeite zwar zukünftig auch am Wochenende, habe aber gecheckt, dass ich meine freien Wochenenden an euren orientieren möchte. Alles in allem werde ich jetzt wahrscheinlich was weniger Zeit haben, aber das pendelt sich hoffentlich ein. Dafür arbeite ich auf jeden Fallin einem coolen Team und wir haben eine eigene Skatehalle. Hauptsächlich leiten meine Geschäftspartnerin Anke und ich den Laden. Zusätzlich haben wir als Aushilfen noch zwei Brüggener Locals dabei, den Moritz und den Dominik. Das sind beide herzlich gute Jungs! Seitdem der Neubau des örtlichen Outdoor Skateparks vor zwei Jahren endlich fertiggestellt wurde, sind die beiden so unglaublich schnell besser geworden. Das freut mich voll zu sehen. Ach, und dann gibt es noch Fabi Klasses. Den kenn ich schon seit 2010 oder so, seitdem er als Teilnehmer einen meiner ersten Skateworkshops besuchte, den ich damals bei TM als Assistent co-angeleitet habe. Wenn alles gut läuft, wird Fabi bei uns zukünftig auch Workshops anleiten und dann ist das Team erstmal komplett. Ich habe von Anfang an gesagt, dass es mir schon sehr wichtig ist weiterhin Zeit zu haben um Street skaten zu gehen, denn das liegt mir am Herzen. Selber was Neues zu finden, es sich mit dem Skateboard anzueignen, obwohl es in der „normalen“ Welt einen ganz anderen Zweck erfüllt. Dadurch, dass wir die Welt mit anderen Augen sehen ist es uns möglich die gegebene Architektur umzudeuten und ihr mit und durch unser Skateboard einen neuen Sinn zu geben – dieser Prozess macht Bock und das möchte ich auch weiterhin leben.