
CARSTEN KRIEG – THE BIG PICASSI
Wie viele Leute kennt Ihr die in den 80ern angefangen haben zu skaten, in den 90ern und frühen 2000ern die Glanzzeit der Kölner Domplatte miterlebt und mitgeprägt haben, Fakie Frontside 180 to Frontside Nosegrind im Repertoire haben und heutzutage, mit 50 Jahren (!), immer noch Full Parts in den Straßen filmen? Wenn ihr auf folgendes YouTube Video klickt und Euch gleich darunter das Mini-Interview gönnt, dann kennt Ihr zumindest Einen. Alles Beste zum Geburtstag, Carsten!
Wie lange skatest Du denn eigentlich schon und woher kommt Deine Motivation nach all den Jahren immer noch streeten und filmen zu gehen?
Ich würde sagen, ich skate seit etwa 88/89. Ich habe mein erstes „richtiges“ Board 88 zu Weihnachten bekommen und damit angefangen die ersten Tricks zu versuchen. Allerdings hatte ich schon um 83/84 ein Fiberflex Board, mit dem ich regelmäßig zum Freiplatz gefahren bin, um dort Basketball zu zocken. Heute würde man vermutlich Streetball sagen, aber damals war es einfach Basketball. Da meine Mutter im Hang wohnte, war der Weg immer ein guter Downhill, zumal der Basketball Court auf einem anderen Hügel lag. Somit konnte man auf dem Hin- und Rückweg eine schöner Strecke bergab auf dem Board zurücklegen. Da hatte ich aber noch gar keine Ahnung, was man mit einem Board hätte anstellen können, war es einfach ein guter Ride. Richtig Feuer gefangen habe ich dann später. Mit den Möglichkeiten, die sich dann ab Ende der 80 er für mich auf dem Board auftaten, fing es dann richtig an. Ich habe, wie damals eigentlich jeder, vor der Haustür und auf der Straße angefangen. Zu der Zeit wohnte ich bei meiner Mutter in Koblenz. Die einzigen Rampen die es gab, waren selbst gebaute Jumpramps, somit war Streetskaten das, was wir täglich gemacht haben. Jumpramp fahren gehörte damals auch zum Street skaten. Wir hatten zu dieser Zeit schon einen guten Kontakt nach Köln und ich nutzte 94 die erste Gelegenheit hierhin zu ziehen. Seitdem war die Domplatte dann wie mein Wohnzimmer, was mein Skaten bis heute geprägt hat. Daher ist Streetskaten das Skaten, mit dem ich mich am Verbundensten fühle. Außerdem mag ich es Spots für mich zu entdecken und diese zu Skaten. Es gibt mir ein spezielles Gefühl einen Streetspot zu skaten, dort abzuhängen, die Leute dort vorbeigehen zu sehen, die Atmosphäre wahrzunehmen und dort einen Trick zu machen. Das was Skaten so besonders macht, ist doch das Gefühl, wenn ein Trick funktioniert. Dieses Gefühl hält so lange, wie bei keiner anderen Sache. Ich kann mich heute noch an das Gefühl von manchen Tricks erinnern, die schon über 30 Jahre her sind. Da kommt keine andere Sache ran. Und wenn man dann die Möglichkeit hat, das zu filmen, ist es noch besser. Ich wünschte, es wäre früher auch so einfach gewesen wie heute. Augenblicke festzuhalten, verstärkt oder verlängert die Halbwertszeit dieses Gefühls. Fotos haben einen ähnlichen Effekt. Sehr schade, dass dieser Teil des Skatens abgenommen hat. Somit ist die Motivation Street zu Skaten dieses wunderbare Gefühl, mit dem man für die Session belohnt wird.
Wie sieht es bei Dir beruflich/familiär aus und wie schaffst du es alltägliche Verpflichtungen und ganz offensichtlich noch immer viel Skaten miteinander zu vereinbaren?
Ich arbeite seit vielen Jahren als Lehrer in Köln an einer Hauptschule und habe Familie mit einer elfjährigen Tochter. Dies erfordert definitiv viel Zeit! Außerdem ist mein Vater krank, was noch erschwerend hinzukommt. Um diese Sachen alle unter einen Hut zu bekommen und auch noch Zeit zum Skaten zu haben, sind ein gutes Zeitmanagement und Flexibilität nötig. Es gibt einige fixe Komponenten, um die wir zu Hause anderes drumherum bauen. Wichtig ist keine Zeit zu verplempern. Wenn ich irgendwo Termine habe und dort eine Wartezeit entsteht oder diese am besten schon im Vorfeld absehbar ist, nutze ich solche Zeit immer z.B. für Korrekturen oder Organisatorisches, schreibe Mails oder Nachrichten oder telefoniere. Selbiges gilt für Einkäufe oder Erledigungen vor Ort irgendwo. Da schaue ich auch stets, was ich auf den jeweiligen Wegen noch mit erledigen kann. Workout und anderen Sport mache ich immer spontan. Wenn irgendetwas doch anders läuft als geplant und sich Freiraum ergibt, fahre ich dann auch schnell eine Runde Miniramp. Erfreulicherweise steht 5 min von mir entfernt im Stadtwald eine Rampe, die ich leider aber eigentlich zu wenig nutze. Da ich viele Sachen sehr effizient erledigen kann, ist es dann möglich etwa 3 mal pro Woche Skaten zu gehen, zumindest in der wärmeren Zeit. Natürlich geht das auch nur, weil meine Familie dies auch mitträgt, wofür ich sehr dankbar bin.
Wie hälst Du Dich fit? Irgendwelche Work Out Routinen oder gehst Du einfach jeden Tag skaten? Hast Du Tipps & Tricks für alle die so lange wie möglich aktiv auf dem Board bleiben wollen?
Definitiv muss ich etwas dafür tun, damit ich fit zum Skaten aber auch für alles andere bin. Generell war und bin ich ein Bewegungsmensch, weshalb ich mich zum Glück nicht zu irgendwelchen sportlichen Aktivitäten überwinden muss. Da ich schon wirklich viele Verletzungen hatte, mache ich immer wenn es passt Workouts, die ich mir über die Jahre selbst zusammengestellt habe. Da geht es hauptsächlich um Bauch/Rückentraining, da schon zwei meiner Bandscheiben angeschlagen sind. Ich trainiere daher zwischen 3-5 mal die Woche ungefähr jeweils eine halbe Stunde zu Hause, immer wenn ich am Tag gerade Zeit dafür habe. Außerdem gehe ich, wenn das Wetter schlecht ist, joggen oder schwimme ein paar Kilometer, wenn wir im Sommer im Freibad sind. Entscheidend ist, dass man sich bei all dem langsam steigert und nicht direkt ans Limit geht. So ist es auch beim Skaten. Klar, je öfter man fährt, desto fitter ist man. Im Winter fahre ich weniger und unter 10 Grad auch nicht mehr draußen. Da sind meine Knochen nicht geschmeidig genug und es kommt kein gutes Feeling auf. Zum Glück hat mein Kumpel Joni Wronn eine ganz kleine Indoor Miniramp, in der ich die letzten Jahre überwintern konnte. Wenn ich danach wieder draußen fahre, gehe ich es auch immer ganz ruhig an. Viele Ollies, das Flatgame langsam steigern und einfache Curbtricks. Nichts überstürzen! Dafür aber möglichst oft fahren und jedes Mal etwas mehr versuchen. Nach etwa einem Monat läuft es dann meist ganz gut. Rückblickend hätte ich vielleicht schon früher intensiver mit Workout beginnen sollen, was möglicherweise meinen Bandscheiben zu Gute gekommen wäre. Früher war ich auch ungeduldiger, wenn es um das Ausheilen von Verletzungen ging, was sicher auch nicht förderlich war. Ansonsten kann ich jedem nur raten sich vielseitig zu bewegen, da dadurch nicht nur einseitig trainiert oder belastet wird.